9.3 Wangels Steilküste

Blick auf die Wangels Steilküste: Parabraunerde.

Abbildung 9.2: Blick auf die Wangels Steilküste: Parabraunerde.

Als nächstes machten wir Halt innerhalb der Hohwachter Bucht, dem südwestlichen Teil der Kieler Bucht. Nach einem kleinen Spaziergang entlang der Küste, blickten wir Richtung Norden auf die Weiten der Ostsee. Im Süden standen wir der höchsten Steilküste Schleswig-Holsteins, der Wangels Steilküste, gegenüber. Wir schätzten sie auf eine Höhe von knapp 8 m. Ein Teil des Hanges war offensichtlich durch erosive und gravitative Prozesse abgerutscht. Dennoch waren, wie Abbildung 10.2 zeigt, sehr eindrücklich unterschiedliche Färbungen der Sedimentschichten zu erkennen. Direkt unterhalb der Geländeoberfläche war ein geringmächtiger humoser Oberbodenhorizont zu erkennen, der dunkelbraun bis grau gefärbt ist. Darunter war ein hellbraunes, leicht rötlich gefärbtes Sediment vorzufinden, das von wesentlich dunklerem und gräulicherem unterlagert wird. Bei diesem liegenden Lockergestein handelt es sich um Geschiebemergel, der als Ausgangsgestein für die Bodenbildung an der Ostseeküste typisch ist. Geschiebemergel bezeichnet ein Sediment, welches innerhalb von Kaltzeiten zumeist als Grundmoräne von Gletschern abgelagert wurde und kalkhaltig ist. Der hier anzutreffende Geschiebemergel wurde innerhalb der Weichselkaltzeit (115.000 bis 10.000 Jahre vor heute) als Grundmoräne gebildet und ist mehrere Meter mächtig. Unter dem Einfluss unterschiedlicher pedogenetischer Faktoren in den nachfolgenden Warmzeiten, ist aus dem Lockergestein ein Boden entstanden. Die relevantesten bodenbildenden Faktoren an diesem Standort sind die Entkalkung, Verbraunung sowie die Lessivierung (Amelung et al. 2018). Entkalkungsprozesse wurden im Rahmen anderer Standorte bereits beschrieben, sodass an dieser Stelle nicht weiter auf sie eingegangen wird. Nach der Lösung des Kalks aus dem Geschiebemergel kommt es zur chemischen Verwitterung unterschiedlicher Minerale. Enthaltenes Eisen wird freigesetzt und unter dem Einfluss von Sauerstoff oxidiert, sodass die an diesem Standort markante rotbraune Färbung entsteht. Dieser Prozess wird aus diesem Grunde auch als Verbraunung beschrieben. Neben Eisenoxiden entstehen durch die Verwitterungsprozesse der Silikate auch sekundäre Tonminerale, die beide eine sehr geringe Korngröße haben. Man spricht neben der Verbraunung deshalb auch von Verlehmung. Mit dem Sickerwasser werden die feinen Bodenpartikel aus den oberen Bodenhorizonten ausgewaschen und in untere Horizonte verlagert, in denen sie wieder abgelagert werden und es zu Tonanreicherungen kommt (Lessivierung). Einen so entstandenen Boden bezeichnet man nach der deutschen Bodenklassifikation als Parabraunerde (Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden 2005, Amelung et al. 2018, mündl. Kommunikation Exkursionsleitung 2021).

Da wir auf dem Rückweg zu unserer Unterkunft hungrig wurden, folgten wir der Empfehlung von Horst und besuchten den Hafenimbiss Lipper Allerlei im Westen der Hohwachter Bucht. Dort verbrachten wir eine sehr angenehme Mittagspause und probierten uns weiter durch die Fischspezialitäten Norddeutschlands.

Quellen

  • Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Geologischen Diensten, 2005. Bodenkundliche Kartieranleitung, Hannover.

  • Amelung, W., Blume, H.-P., Fleige, H., Horn, R., Kandeler, E., Kögel-Knaber, I., Kretzschmar, R., Stahr, K., Wilke, B.-M., 2018. Scheffer/Schachtschabel Lehrbuch der Bodenkunde. 17. Auflage. Springer Spektrum, Berlin.

  • Exkursionsleitung, 2021. Diskussion über die Entstehung der Wangels Steilküste sowie die Bodenbildung vor Ort.