2.1 Bastauwiesenmoor
Nach einem entspannten Abend in der Wiehen-Therme sind wir alle gestärkt und motiviert aufgebrochen. Das Hotel bot am Morgen für fast alle in der Runde eine schöne Aussicht (vgl. Abb. 2.1). Manche durften leider nur die gegenüberliegende Hauswand bewundern.

Abbildung 2.1: Aussicht Wiehnen Therme.
Die Anfahrt am nächsten Morgen auf der Moorbadstraße entlang des Mittellandkanals war durch leichte Nebelschleier geprägt und ließ Vorfreude auf die uns bevorstehende Moorwanderung aufkeimen. Wir starteten am Wanderparkplatz “Großes Torfmoor P3” und konnten nach etwa 5 Minuten den ersten Blick auf das im Morgentau und -frost liegenden Hochmoor erlangen. Besonders hervorgestochen sind die vielen Spinnennetze, die von den Spinnentieren flächendeckend verteilt in der Moorvegetation gesponnen wurden. Der morgendliche Tau verfing sich in der Seide der kunstvollen Netze, wodurch eine besonders mystische Atmosphäre geschaffen wurde.
Auf einem aus Holz erbauten Aussichtsturm konnten wir einen weiten Blick in das 606 ha große Naturschutzgebiet erhalten. Das Moor gehört zu den Bastauwiesen und bildet zusammen mit zwei weiteren Mooren eine ausgedehnte Moorniederungslandschaft entlang des Mittellandkanals zwischen Minden und Lübbecke. Der hiesige Grundwasserstand liegt bei 40 cm mit saisonalen und jährlichen Schwankungen. Betreut wird das Naturschutzgebiet von der Biologischen Station Minden-Lübbecke e.V.. Sie planen und verwirklichen die nötigen Naturschutzmaßnahmen, erfassen die gegebene Flora und Fauna und sorgen somit zu einem langfristigen Erhalt des Moores. Damit die Moorlandschaft nicht durch die dort verbreiteten Erlen und Birken verbuscht, ist es wichtig, dass regelmäßige Rodungsarbeiten durchgeführt werden (mündl. Kommunikation Dorau 2021).

Abbildung 2.2: Spaziergang im Moor.
Es ist allgemein bekannt, dass Moore einen wichtigen Stellenwert in Bezug auf dem Klimawandel haben. So treiben die schützenswerten Feuchtgebiete klimarelevante Rückkopplungseffekte an. Je mehr die Temperaturen ansteigen, desto mehr Gase entweichen aus den Senken, was im Umkehrschluss wiederum zu einer weiteren Erwärmung des Klimas führt (Brasseur et al. 2017). Neben dem unter Naturschutz stehenden Teil der Bastauwiesen, gibt es auch landwirtschaftlich genutzte Gebiete. Die Flächen werden an die hiesigen LandwirtInnen verpachtet und zu großen Teilen als Grünland bewirtschaftet. Für eine verbesserte Nutzbarkeit werden die Moore drainiert, damit das überschüssige Wasser die Bewirtschaftung der Flächen nicht erschwert. Im Gebiet der Bastauwiesen kommt es in den Moorböden durch die angrenzende und integrierte Bewirtschaftung zu Eutrophierungserscheinungen. Nährstoffeinträge sind keine Seltenheit und führen zu einem Überschuss an Nährstoffen in den Böden. Dies konnte gut durch teilweise flächendeckenden Brennesselbewuchs identifiziert werden (mündl. Kommunikation Exkursionsleitung 2021).
In Deutschland sind 90% der Moorböden einer Nutzung zugewiesen. Davon 50% als Grünland und 25-30% ackerbaulich und 13% forstwirtschaftlich. Durch die Entwässerung von Mooren kommt es zu langfristigen und schwerwiegenden Folgeerscheinungen. Darunter fallen vor allem Bodensackungen und der Verlust der natürlichen Senkenfunktion von Wasser und Kohlenstoff. Neben Kohlenstoffdioxid (CO2) werden vor allem auch Methan (CH4) und Lachgas (N2O) freigesetzt, die aufgrund ihres Treibhausgaspotentials massiv zur Erderwärmung beitragen (englisch: Global Warming Potential, GWP) (Hutter et al. 1997, Mitsch, W. J. & Gosselink, J. G. 2015; Succow, M. & Jeschke, L. 1990).
Nach Succow & Jeschke (1990) lassen sich bei den Folgen 3 Hauptprozesse unterscheiden, die zur Verschlechterung der Bodennutzungseigenschaften der Moorböden führen:
Sackung und Bodenverdichtung Mit dem Wasserentzug im Moor mindert sich die der Gewichtskraft des Moorsubstrates entgegenwirkende Auftriebskraft. Der Moorboden drückt sich in Folge dessen mit zunehmender Entwässerungstiefe auch stärker zusammen. Dadurch entsteht Bodenverdichtung. Mit erneutem Wasserspiegelanstieg erhöht sich zwar die Auftriebskraft wieder und wird somit die Mooroberfläche wieder angehoben, das Ausgangsniveau der Moorhöhe wird jedoch nicht mehr erreicht.
Schrumpfung Leeren sich die wassergefüllten Poren im Moorboden, so ziehen sich die Festbestandteile stärker an. Die Porengröße verringert sich. Das Bodenvolumen wird somit vermindert. Der entgegenwirkende Prozess ist die Quellung bei Wiederauffüllung der Moorbodenporen mit Wasser. Die Rückquellung ist jedoch nicht vollständig, so dass auch nach Wiedervernässung eine Volumenminderung zurückbleibt.
Torfschwund (Mineralisierung) Torfschwund entsteht durch den vollständigen Abbau organischer Substanz durch Mikroorganismen in mineralische Bestandteile und Gase (Mineralisierung). Der Teilprozess dessen, die Umwandlung hochmolekularer organischer Stoffe in niedermolekulare, heißt Humifizierung. Durch Mineralisierung findet ein echter Verlust an Festsubstanz statt, da hierbei die klimaschädlichen Gase Kohlendioxid und Lachgas gebildet werden und in die Atmosphäre entweichen. Große mineralisierende Moorflächen haben daher Einfluss auf den Treibhauseffekt.
Ein Konfliktpunkt zwischen der Nutzung des Moores der Bastauwiesen und klimarelevanter Interessen besteht in der zuvor bereits erwähnten Richtlinie der Dauergrünlandflächen als Greeningverpflichtung. Durch das Gesetz, dass Grünlandflächen nach 5 Jahren bei Nichtbearbeitung in eine Dauergrünlandfläche übergehen, werden die Moorflächen mindestens alle 5 Jahre von den PächterInnen gepflügt und umgegraben. Durch das Pflügen der Flächen kommt es zum Ausstoß der dort gespeicherten Treibhausgase. Das Gesetz zum Schutz der Grünlandflächen wandelt sich damit vielmehr zu einer Bedrohung der Flächen. Natürliche Moore dienten über Jahrtausende als Senke für Kohlenstoffdioxid (CO2), indem der im CO2 enthaltende Kohlenstoff als Torf gespeichert wurde. Werden Moore entwässert und umgegraben, also landwirtschaftlich genutzt, setzen sie den Kohlenstoff erneut als Kohlenstoffdioxid frei und emittieren zudem Lachgas aufgrund der Torfmineraliserung (Höper 2015).
Quellen
Brasseur, G., Jacob, D. & Schuck-Zöller, S., 2017. Klimawandel in Deutschland: Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven. Springer Nature, Berlin, Heidelberg.
Dorau, 2021. Mündliche Kommunikation. Vortrag während des Spaziergangs im Bastauwiesenmoor am 2. Tag (14.09.21).
Exkursionsleitung, 2021. Mündliche Kommunikation. Vortrag zum den Bastauwiesen am Ende des 1. Tages (13.09.21).
Mitsch, W. J., Gosselink, J. G., 2015. Wetlands. 5. Auflage. John Wiley & Sons, Hoboken, New Jersey, USA.
Höper, H., 2015. Treibhausgasemissionen aus Mooren und Möglichkeiten der Verringerung. Telma 5, S. 133-158.
Succow, M., Jeschke, L., 1990. Moore in der Landschaft. Verlag Harri Deutsch Thun, Frankfurt (Main).
Hutter, C.-P., Kapfer, A., Poschold, P., 1997. Sümpfe und Moore – Biotope erkennen, bestimmen, schützen. Weitbrecht Verlag, Stuttgart/Wien/Bern.