5.2 Besuch des Herzapfelhofes im Alten Land

Als nächstes besuchten wir den Herzapfelhof im Alten Land, auf welchem wir ein 60-minütiges Interview mit Herrn Lühs führten. Dafür saßen wir gemütlich draußen vor dem Hofladen.

Wie uns Herr Lühs erzählte, werden auf diesem Hof 90% Äpfel, 5% Süßkirsche und 5% Sonstige (Zwetschgen, Pflaumen, Birnen) angebaut. Außerdem gibt es noch vereinzelte Erdbeerfelder. Auch Quitten werden angebaut, die jedoch in einer Ecke stehen, wo nichts gemacht wird, da der Markt dafür zu klein sei.

Der Apfelhof ist ein Biobetrieb und Mitglied von Demeter. Richtlinie ist die EG-Bio-Verordnung, an die sich alle Betriebe halten müssen. Zusätzlich gibt es Anbauverbände, die noch striktere Richtlinien haben. Bioland ist der größte Verband in Deutschland. Bio oder Nicht-Bio ist eher ein deutschsprachiges Ding. Für andere Länder ist fair-trade deutlich wichtiger.

Der Durchschnitt eines Hofes im Alten Land liegt bei knapp 20 Hektar. Der Herzapfelhof hat 42 Hektar. Es werden ungefähr 25 Hektar gebraucht. “Weniger ist auch weniger erfolgreich”(Lühs). Dies liegt ein Stück weit am Kostendruck, dass es für Erzeugnisse nicht unbedingt mehr gibt. Daher muss diese Betriebseinheit größer gestaltet werden. Zudem kann mit Maschinen mehr gearbeitet werden und es gibt nur einen Chef, der gut bezahlt werden muss. Der Rest wird mit Aushilfskräften aufgefüllt. Früher gab es 10 bis 12 Hektar, von denen sich zwei, drei Familien ernähren mussten. Heute macht es einer, von dem eine ganze Familie leben muss.

Obstbetriebe sind meistens kleine Betriebe, verglichen mit Ackerbau. “Da braucht man 100, 200, 300 Hektar. Wenn man nur 20 hat, müssen viele aufhören. Oder es muss nach Alternativen gesucht werden” (Lühs). Mit einer Kultur kann auf kleinerer Fläche auch geregeltes Einkommen erwirtschaft werden. Auch mit Gartenbau und gärtnerischen Kulturen können hohe Umsätze erzielt werden. Die Betriebsgröße alleine ist nicht entscheident, da auch große Betriebe schlecht geführt werden können. “Mit einem kleinen spezialisierten Betrieb kann man auch mit intensiveren Kulturen (Süßkirsche) auf derselben Fläche mehr Geld verdienen” (Lühs). Eine andere Möglichkeit ist die Direktvermarktung auf dem Wochenmarkt, sodass mehr Geld von der Wertschöpfungskette “eingeheimst” werden kann, anstatt es indirekt über den Einzelhandel zu vermarkten. Eine Ferienwohnung zu haben ist auch geschickt. Zudem ist Hamburg relativ nah, sodass Monteurszimmer gesucht werden. Laut Statistiken scheint die landwirtschaftliche Primärproduktion immer weniger Einfluss auf das Familieneinkommen zu haben.

Vor Corona wurde zudem gesagt, “die Touristen verhageln nie. Wenn es auf dem Hof hagelt, dann sind die Äpfel kaputt. Aber Touristen können nicht verhageln. Durch Corona können aber auch Touristen verhageln, können auch mal nicht kommen. Als Betrieb muss daher darauf geachtet werden, wo das Geld herkommt” (Lühs).

50.000 bis 60.000 Euro bringt der Hektar, doch dafür muss auch erst mal jemand verkaufen. Es wird viel verpachtet. Verkaufen bedeutet auch versteuern, weshalb Verpachten daher besser zu sein scheint. Auf dem Bodenmarkt spielen große Investoren keine Rolle, denn alles ist kleinstrukturiert. Es gibt viele Mittel und Wege, manche beliefern Supermärkte auch direkt. Man kann sich daher aussuchen worauf man Lust hat.

Sedimente haben sich hier über die Jahrhunderte und Jahrtausende angelagert. Und seit den Römern haben hier schon Leute gelebt. Diese haben im Sommer ihr Vieh reingetrieben, da es im Sommer im Alten Land angenehm ist. Im Winter und Herbst sind die Menschen dann wieder gegangen. Und das ging die ganze Zeit weiter, bis im Mittelalter, im 12. Jahrhundert, angefangen wurde, die Holländer hierher zu holen. “Diese haben das ganze überplant, deswegen ist das auch nicht so schön gerade und strukturiert. Dieser hier auf dem Land ist ca. 500 Jahre alt. Den haben die Leute mal ausgebuddelt und dann haben die den Erdaushub zwischen die Stöcke getan. Alle sechzehn Meter ist ein Graben. Erst Aushub, dann dazwischen gepackt, eine runde Struktur geschaffen und dann kann das Wasser in die Gräben laufen. Man kriegt das eine Land ein bisschen höher und weist dem Wasser seinen Platz zu” (Lühs). Zusätzlich gibt es Kanäle und Siele wo das Wasser dann zur Elbe abgeführt werden kann. “Früher wurde nicht so viel gepumpt, da war es einfach so und da wird das Wasser abgeführt und heute sind viele von diesen Gräben auch verfüllt, weil diese Gräben so nicht mehr notwendig sind. Es wurden hier Drainagenrohre verlegt, alle 16 Meter begraben, da verliert man auch viel Fläche. Deshalb wurden ein oder zwei Generationen gebraucht, die Gräben zuzufahren. Früher war dies häufig Müll aus Hamburg. So wurde ein Großteil der Gräben mit der Zeit wegbekommen. Es sind aber immer noch viele vorhanden und diese Struktur wird auch für die Entwässerung gebraucht” (Lühs).

Der Boden ist ein sehr schwerer Boden. Die Gräben sind sehr charakteristisch. Bei diesen Gräben verliert man auch viel Fläche. Man kann aber Bäume an den Grabenrand pflanzen, um dennoch etwas ernten zu können. Durch die Gräben hat es im Alten Land schon immer Obstanbau gegeben. Der Weg zur Elbe ist nicht weit und der Transport daher schnell. Die nötige Infrastruktur war bereits gegeben, bevor es Autos und vernünftige Straßen und Eisenbahnen gab. Der Flurabstand der Grundwasseroberfläche liegt bei einem bis zwei Meter. Ca. 80 Bodenpunkte haben die Böden im Umkreis. Es gibt aber auch Ortschaften mit 50 Punkten in der Region. Die Instandhaltung ist nicht aufwändig, da viel Eisen im Boden ist das oxidiert. Vom Verband her gibt es zweimal im Jahr eine Polderschau, bei der kontrolliert wird, ob etwas das Wasser nicht mehr ablaufen kann. Es muss alles sauber gehalten werden und manchmal ist dafür der Wasser- und Bodenverband zuständig. Doch manchmal machen das auch Mitarbeiter mit Haken. Dies ist häufig einfacher als extra Bagger zu bestellen.

Wenn aufdem Hof Bäume gepflanzt werden, sind diese schulterhoch und aus Italien, Holland oder Deutschland. Es gibt extra “Baumschulen für Obst. Eine Schaufel Sand oder Kompost reicht. Substrate werden nicht gebraucht und nur bei Heidelbeeren oder Erdbeeren eingesetzt. Das Alter der Bäume beim einpflanzen beträgt zwei Jahre. Ungefähr 15 bis 20 Jahre werden sie alt, können auch mal länger als 20 Jahren stehen, wenn die Zahlen schwarz sind. Dies hängt von der Nachfrage ab. Fünf Jahre dauert es, bis die Bäume ausgewachsen sind. Knapp 10 Jahre brauchen die Bäume, um die Anlage zu refinanzieren. Und dann hat man zehn Jahre, in denen gearbeitet werden kann. Meistens ist dann aber der Preisverfall schon gegeben.”Im Alter lässt es nach” (Lühs). Die Ausfärbung wird kleiner. Anteil an kleineren Kalibern wird größer. Gewisse Krankheiten bauen sich auf. Gedüngt wird auch, 30 bis 50 Kilo Stickstoff pro Hektar. Kali-Magnesium darf man düngen, auch Schafs- und Rindermist wird eingesetzt.

BASF Produkte wurden hier auch schon eingesetzt. Das sind rote Plastikteile, Pheromonverwirrung gegen Pflaumenwickler. “Wurm der in der Pflaume drin ist als Jungtier. Und das mögen die Menschen nicht. Und wenn die ausgewachsenen Motten groß wie eine Stubenfliege sind, haben die Weibchen bei der Paarung das Problem, dass sie nicht attraktiv genug sind für die Männchen. Die Plastikdinger geben gleichen Geruch ab wie die Weibchen, und dort fliegen die Männchen hin. Dies reduziert den Befall um 60%. Besser wären 90% bis 95%, aber beim Pflaumenwickler gibt es nur diese Möglichkeit” (Lühs). Beim Apfel gibt es die Möglichkeit Viren einzusetzen. Der Virus ist nicht UV-stabil, weshalb er jede Woche neu durch Spritzen aufgebracht werden muss. Kupfer, Schwefel und Kalkpräparate werden eingesetzt. Der Anteil an Kupfer beträgt 3 Kilo pro Hektar. Das Kupfer wird stark vom Boden gebunden. Regenwürmer sind empfindlich auf Kupfer. Normalerweise werden zwei Kilo Kupfer eingesetzt, manchmal nur noch 40 Gramm pro Hektar.

Warme Sommer sind auch ein Problem. Das Jahr 2021 ist etwas zu nass aber von der Temperatur gut. Eine Berechnung wird eingesetzt, um die Äpfel im Sommer nachmittags runterzukühlen. Die Sonneneinstrahlung ist dagegen kein Problem, aber das Aufheizen der Zellen. Somit können die Äpfel auch einen “Sonnenbrand“ bekommen. Im Frühling kommt es zum”Spätfröstel“, die Knospen werden immer empfindlicher, je weiter sie aufgehen. Sobald sie Frost kriegen, können sie einen Schaden bekommen. Diese gefährliche Zeit in der Nacht kann manchmal nur eine Stunde sein, kann manchmal acht Stunden sein. Dann werden Diesel oder alte Reifen verbrannt, um Wärme zu erzeugen. Das macht man da, wo man nicht genug Wasser hat. Auf dem Hof ist das Problem, dass zu viel Wasser vorhanden ist. Dies ist aber auch ein Vorteil. Gespeichert wird das Wasser in Teichen. Dort stehen Pumpen, an Leitungen angeschlossen. Es regnet dann überall. Daraufhin entsteht ein Wassereisgemisch. Dieses Gemisch bleibt bei Null Grad stehen, kälter wird es nicht. So lange, bis alles Wasser gefroren ist. Erst wenn das Wasser weg ist und nur noch Eis übrig ist, wird das Eis kälter. Da es aber immer ein Wassereisgemisch bleibt, immer Wasser obendrauf kommt, kann, was zu viel ist, runtertropfen. Dieses Phänomen nennt sich Erstarrungswärme. “Wie Schwitzen nur umgekehrt” (Lühs). Dieser Vorgang ist sehr energiereich.

Diesel wird nur wenig gebraucht, um das Wasser zu pumpen. Und später noch einmal wieder ein bisschen Strom, um das Wasser über die Drainagen wieder in den Teich oder die Gräben zu pumpen. Mit einem Meter pro Sekunde läuft das Wasser, sodass nichts einfrieren kann. Es macht auch keinen Sinn, das Wasser vorher anzuheizen. “Es ist auf jeden Fall wichtig, Wasser zu haben, weil wenn es friert, gibt es wenig Früchte. Das führt zu einem hohen Preis. Von diesem Gewinn kann auch ein Trecker gekauft werden” (Lühs).

Herr Lühs kam auch auf die Elbvertiefung zu sprechen. Große Schiffe sollen in den Hafen einlaufen. Damit die großen Schiffe reinkommen, muss die Elbe tiefer gebaggert werden, damit der Tiefgang von den großen Schiffen weiterhin möglich ist. “Wenn man jetzt die Elbe tiefer buddelt, dann schafft man eine Rinne, in der sich die Hauptmenge von dem Wasser bewegt. Und es kann auch mehr Wasser auflaufen. Es drückt mehr Salzwasser die Elbe hoch und das Salzwasser kann hier ab einem gewissen Wert nicht mehr für die Frostschutzberegnung verwendet werden” (Lühs). Ein weiteres Problem ist, dass es hier einen “dicken” Kanal gibt, weshalb es weniger seichte oder langsamere Bereiche gibt, wo sich mehr Sedimente ablagern können. Dies verschlickt die ganzen Siele, die wieder ausgebaggert werden müssen. Die Kosten belaufen sich jedes Jahr auf mehr als 100 Millionen Euro. Momentan gibt es Bagger, die Richtung Neuwerk fahren und das dort auskippen. Wird dann aber sukzessive mit der nächsten Flut wieder reingetragen. “Sie brauchen ein Loch wo das rein kann aber haben keines. Es ist jetzt eine Überlegung, das für den Deichbau zu nutzen. Dass man einen Meter oben drauf setzen kann” (Lühs). “Wenn man sich vorstellt, dass ca. 10.000 Container auf dem Schiff sind - es werden nicht alle in Hamburg entladen -, wird immer wieder was für China draufgeladen. Container werden heute 50 km weitergefahren und erst dort verteilt und nicht schon am Hafen. Dort wird nur entladen. Somit hat ein Wandel stattgefunden” (Lühs).

Nach dem interessanten Interview machten wir einen kleinen Rundgang und konnten dabei zusehen, wie die unterschiedlichen Apfelsorten automatisch sortiert und abgepackt werden. Vom Dach aus war sogar die Stadt Hamburg zu sehen. Anschließend setzten wir uns alle gemeinsam mit Kaffee und Apfelkuchen nach draußen. Auch Apfelchips und ähnliches konnten im eigenen Hof Café gekauft werden, bevor es zur nächsten Station ging.

Quellen

Die Informationen entstammen aus dem persönlichen Gespräch mit Herrn Lühs, der uns über das Gelände führte.