3.1 Forstliche Dauerbeobachtungsfläche Augustendorf
Am dritten Tag brachen wir nach der zweiten gemeinsamen Runde Knack am Vorabend, einer ruhigen Nacht im Jugendhof Vechta und dem gemeinsamen morgendlichen Frühstück auf in Richtung der forstlichen Dauerbeobachtungsfläche Augustendorf. Im Anschluss stand eine Führung in das Torfabbaugebiet Esterweger Dose und ein Zwischenstopp am Zwischenahner Meer auf dem Plan. Mit im Gepäck hatten wir die gemeinsame Erkenntnis, dass Lunchpakete in Jugendherbergen in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis einen eher schlechten Deal darstellen sowie gute Laune und Vorfreude auf den vor uns liegenden Tag.
Die Fläche wird durch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) betreut und unterliegt der Kategorie Level II im forstlichen Umweltmonitoring. Grundsätzlich werden im forstlichen Umweltmonitoring folgende Kategorien unterschieden (Dammann et al. 2020):
waldflächenrepräsentative Übersichtserhebungen auf einem systematischen Stichprobenraster (Level I),
die intensive Dauerbeobachtung ausgewählter Waldökosysteme im Rahmen verschiedener Beobachtungsprogramme (Bodendauerbeobachtungsprogramm (BDF), Level II, Waldökosystemstudie Hessen (WÖSSH)),
sowie Experimentalflächen, z. B. Vergleichsflächen zur Bodenschutzkalkung (Level III).
Die methodischen Instrumente der Ökosystemüberwachungen sind europaweit gemäß dem Grundsätzen des IPC Forests (2016) harmonisiert. Die Daueruntersuchungsfläche Augustendorf gehört damit zu einer von rund 800 Parzellen, die in Europa unter dem Beobachtungsstatus Level II stehen.

Abbildung 3.1: Das Exkursionsmobil und Pürckhauer im Regen.
Wir trafen uns vor Ort mit dem zuständigen Förster Holger Funke, der uns trotz des verregneten Wetters zusammen mit seiner Hündin Urmel, einer Alpenländischen Dachsbracke, eine Führung über die Dauerbeobachtungsfläche gab. Der Standort kennzeichnet sich durch lehmige Sande im Untergrund und ist schlussfolgernd nährstoffarm. Die Nährstoffziffer liegt bei 1-3. Aufgrund der sandigen Böden sind die Bedingungen der Wasserversorgung der Biomasse schwach bis mäßig. Sande speichern aufgrund ihres grobporigen Porenvolumens nur sehr geringe Mengen Wasser. Für Pflanzen ist das Wasser, dass der Boden gegen die Schwerkraft halten kann (Feldkapazität) subtrahiert mit dem Wassergehalt beim permanenten Welkepunkt relevant. Man spricht von der sogenannten nutzbaren Feldkapazität (nFK) (mündl. Kommunikation Funke 2021).

Abbildung 3.2: Die junge Dachsbrackendame Urmel.
Aufgrund des nährstoffarmen Standortes dominierten hier immer schon Nadelhölzer, welche zu großen Teilen in Form von Reinbeständen bewirtschaftet wurden. Im Zuge des Klimawandels sprach der Förster vor allem von der hohen Abhängigkeit der Nadelbäume gegenüber der immer kritischer werdenden Wasserversorgung durch die hiesigen Böden. Ziel der forstwirtschaftlichen Bemühungen ist es aktuell, das von Nadelholz geprägte Revier in Bestände zu überführen, die unter anderem Beimischungen von Laubholzbäumen haben. Damit soll dem Problem der Reinbestände/Monokulturen entgegengewirkt werden. Diese sind aus verschiedenen Gründen von Vorteil. Reinbestände sind anfällig gegenüber flächendeckender Zerstörung bei Ereignissen wie Dürreperioden oder Stürmen, die einer Baumart besonders zusetzen. Ein Beispiel für den Standort Augustendorf sind schwere Stürme im Jahr 1972. Aufgrund des dort herrschenden Reinbestandes kam es fast flächendeckend zur Zerstörung der dortigen Bäume. Bei der anschließenden Wiederaufforstung kam es leider zur Entfernung der obersten Bodenschicht. Die humose Auflage wurde mithilfe von Baggern beiseite geschoben und im Wald zu Wällen aufgeschüttet. Diese sind auch heute noch zu erkennen. Die Folge dieser Handlung war die zusätzliche Verschlechterung der Bodenqualität und eine massive Verschlechterung der sowieso schon nährstoffarmen Böden. Für die Zukunft ist eine hohe Artenvielfalt erwünscht. Wenn eine Baumart ausfällt kommt es relativ schnell zur Schließung der Lücken durch die umliegenden Baumarten (mündl. Kommunikation Funke 2021; mündl. Kommunikation Exkursionsleitung 2021).
Mit der Einführung einer größeren Anzahl an Laubbaumarten wird auch das Ziel einer allgemeinen Bodenverbesserung verfolgt. Das Ziel ist es, dass sich Braunerden-ähnliche Charakteristiken ausbilden. Laut des Försters ist es vor allem die steigende Bioturbation, welche durch die Laubbaumarten gefördert wird und das Ziel der Bodenverbesserung antreibt. Langfristig wird eine permanente Verjüngung der Wälder und die Entstehung struktur- und artenreicher Mischwälder beabsichtigt. Die Umsetzung erfolgt nach den 13 waldbaulichen Grundsätzen des Waldentwicklungsprogramm der niedersächsischen Landesforstverwaltung LÖWE (= Langfristige Ökologische Waldentwicklung) (mündl. Kommunikation Funke 2021).
Durch die intensive Nutzung der niedersächsischen Landschaft für die Haltung von Vieh kommt es an den Randflächen des Forstes zu hohen Stickstoffeinträgen. Durch die Ställe in der Umgebung kommt es zu einem massiven Eintrag von Ammonium, wodurch es zur Versauerung der Böden kommt. Um gegen diesen Prozess vorzugehen wird die Methode der Kompensationskalkung angewendet (mündl. Kommunikation Funke, 2021). Dabei werden 3 Tonnen Kalk pro Hektar auf die Waldflächen ausgebracht. Diese Methode steht aufgrund der dadurch geförderten Nitratauswaschung und der daraus folgenden Grundwasserbelastung im Zwiespalt. Durch die Kalkung wird die Mineralisation des Auflagehumus gefördert und Stickstoff (N) freigesetzt. Dies führt zu einer zunehmenden Eutrophierung der Böden. Nadelbäume nehmen weniger N auf als Laubbäume, weshalb Nadelwälder einer stärkeren Stickstoffanreicherung im Boden unterlegen sind. Ist ein Boden mit Stickstoff gesättigt und kann die vorhandene Vegetation kein N mehr aufnehmen, kommt es zur Auswaschung des überflüssigen Stickstoffs als Nitrat, das wiederum ins Grundwasser gelangt. Somit ist die Methode der Kompensationskalkung eine nicht zu Unrecht umstrittene Methode im Hinblick auf die Bekämpfung der Bodenversauerung (Reif et al. 2014).
Quellen
Dammann, I., Paar, U., Weymar, J., Spielmann, M., Eichhorn, J., 2020. Waldzustandsbericht 2020. Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Kassel.
Funke, H., mündliche Kommunikation, 2021. Führung am Level II Standort Augustendorf.
Reif, A., Schluze, E. D., Ewald, J., Rothe, A., 2014. Kalk im Wald - Muss das sein? Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Wüttenberg. https://www.waldwissen.net/de/wussten-sie-schon/kalk-im-wald-muss-es-sein, 2022-01-16.