10.6 Biohof und Aussichtspunkt Hoher Schönberg

Mit unserem nächsten Ziel verließen wir zwar das Bundesland, nicht aber die eiszeitlich geformte Hügellandschaft. Im Mecklenburgischen Klützer Winkel besuchten wir den Biohof Hoher Schönberg, der mit buntem Schriftzug versehen und umgeben von viel Grün an diesem sonnigen Tag besonders idyllisch und einladend auf uns wirkte. Der Hof Hoher Schönberg ist ein ehemaliger Erbpachthof von 1860. Anders als der zuvor besuchte Biohof Kinkelbur ist er kein Familienunternehmen, sondern wird von einer Kommune aus 15 Erwachsenen im Alter zwischen 35 und 60 Jahren gemeinschaftlich und arbeitsteilig bewirtschaftet und durch zeitweise freiwillige HelferInnen und PraktikantInnen unterstützt. Als Gemeinschaftsprojekt sollen hier Alternativen zur konventionellen Landwirtschaft aufgezeigt und angewendet werden (Hof Hoher Schönberg 2021).

Der Biohof Hoher Schönberg.

Abbildung 10.14: Der Biohof Hoher Schönberg.

Der Biohof wirtschaftet unter den Richtlinien des Demeter-Bioverbands und setzt sich den Grundsatz, eine „ursprüngliche, handwerkliche und biologisch-dynamische“ (Hof Hoher Schönberg 2021) Landwirtschaft zu betreiben. Die Richtlinien dafür beziehen sich auf Ideen des Anthroposophen Rudolf Steiner und behandeln den landwirtschaftlichen Betrieb als möglichst harmonischen und geschlossenen Organismus. Für die Praxis bedeutet das z.B., dass auf dem Hof nur so nur so viele Tiere gehalten werden, wie sich mit dem eigens angebauten Futter ernähren lassen. Dadurch wird wiederum eine den zur Verfügung stehenden Feldern angemessene Menge an Dung produziert und der Kreislauf lässt sich fortführen (Demeter 2019a). Nicht nur zeigt sich damit ein starker Kontrast zur konventionellen bzw. intensiven Landwirtschaft, wo Futtermittelankauf, Mega-Ställe und Überschussproduktion von Gülle zur alltäglichen Praxis gehören, auch geht diese Form der Wirtschaftsweise mit ihren Richtlinien deutlich über die allgemeinen Anforderungen der Öko-Verordnung hinaus (Demeter 2019b). Auf dem Hof Hoher Schönberg betrifft dies die Viehzucht, den Acker- und Gartenbau, die eigene Ölmühle und den Hofladen.

Was die Tierhaltung betrifft, entdeckten wir bei unserem Besuch eine breite Vielfalt aus Rindern, Ziegen, Schafen, Schweinen und Hühnern. Es werden auf dem Hof bevorzugt alte Nutztierrassen gehalten und durch eigene Nachzucht vermehrt, wie etwa das Angler Sattelschwein, eine alte Hausschweinerasse, die laut roter Liste der gefährdeten Nutztierrassen der GEH als extrem gefährdet eingestuft ist (GEH 2022). Bei unserem Besuch konnten wir von dieser Art jedoch viele kleine Ferkel bewundern, die mit einer der Zuchtsauen in einem separaten Stall untergebracht waren. Die Tiere werden in kleineren Gruppen gehalten und alle Futtermittel, also Heu, Stroh, Rüben und Getreide werden gemäß der Demeter-Richtlinien selbst erzeugt. Anstelle von Medikamenten werden die Tiere mit Homöopathie, Heilkräutern und Ölen behandelt. Auf gewisse, in der konventionellen und auch in der biologischen Nutztierhaltung verbreitete Praktiken wird außerdem verzichtet, z.B. auf das Enthornen der Kühe oder die frühe Trennung von Mutter und Kind zur Milchgewinnung. Bei den Kühen und Ziegen bedeutet das, dass die Muttertiere ihre Kälbchen bzw. Zicklein selbst säugen und großziehen. Per Hand abgemolken werden dann nur die Milchüberschüsse (Hof Hoher Schönberg 2021).

Das weiträumige Außengehege der Angler-Sattelschweine.

Abbildung 10.15: Das weiträumige Außengehege der Angler-Sattelschweine.

Für den Acker- und Gemüsebau werden ca. 16 der 25 verfügbaren Hektar Flächen bearbeitet. Zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit wird, wie auf dem Biohof Kinkelbur, auch hier die Methode der Fruchtfolge genutzt. Dabei werden jedoch kleine, von Hecken und Baumreihen umrahmte Flächen bevorzugt, um die Artenvielfalt zu fördern. Die Erträge des Ackerbaus – Roggen, Dinkel, Weizen, Gerste und Hafer – werden sowohl als Tierfutter, als auch zum Verkauf im Hofladen verwendet. Neben dem Getreide werden im Gartenbau fast ausschließlich in Handarbeit alte Obst und Gemüsesorten in Mischkultur mit Kräutern, Blumen, Stauden und historischen Rosen angebaut. Dabei werden Ansätze von Market Gardening und Permakulturanbau einbezogen, die auch Wildtiere und Wildpflanzen mit integrieren. Für die vier hofeigenen Ölmühlen werden außerdem Nüsse und Ölsaaten angebaut, z.B. Leinsamen, Leindotter und Senf. In einem Verarbeitungsprozess, der die Temperatur dauerhaft unter 37 °C hält, werden sie auf dem Hof zu Rohkost-Pflanzenölen weiterverarbeitet, die dann ebenfalls im Hofladen verkauft werden (Hof Hoher Schönberg 2021).

Die Terrasse umgeben von einem der Mischkultur-Bauerngärten.

Abbildung 10.16: Die Terrasse umgeben von einem der Mischkultur-Bauerngärten.

Nachdem die Gruppe die verschiedenen Ecken des Hofs erkundet hatte, besuchten alle gemeinsam den dort zugänglichen Aussichtspunkt Hoher Schönberg. Auf der mit 89 m ü. NN höchsten Erhebung der Moränenlandschaft des Klützer Winkels wurde hier eine Aussichtsplattform gebaut. Man hat darauf einen Rundumblick auf die Ostseeküste, in den Klützer Winkel und die Boltenhagener Bucht und kann gut erkennen, wie sich die Reliefenergie des Gebiets in Richtung Endmoräne erstreckt. Auch lassen sich einige verschiedene Landmarken und Orte erkennen, z.B. die Stadt Lübeck, in der wir zuvor einen kurzen Zwischenstopp gemacht hatten oder der von uns besuchte Bungsberg. Laut Beschilderung galt der Hohe Schönberg während der deutschen Teilung als Geheimtipp, um „in den Westen“ zu sehen und um Schiffe in der Lübecker Bucht zu beobachten, weshalb er von Einheimischen auch Sehnsuchtsberg genannt wurde (Beschilderung der Aussichtsplattform Hoher Schönberg 2021, Hof Hoher Schönberg 2021).

Ausblick vom Aussichtspunkt Hoher Schönberg.

Abbildung 10.17: Ausblick vom Aussichtspunkt Hoher Schönberg.

Zum Abschluss des Besuchs deckte sich die Gruppe im Hofladen mit Biowaren und zahlreichen Ölen ein und genoss bei Kaffee oder Kaltgetränk auf der Terrasse noch etwas die Sonne. Dann ging es weiter zur Jugendherberge im Ostseebad Warnemünde, wo der Tag nach Ankunft und Abendessen in der Jugendherberge bei einem längeren Strandspaziergang im Sonnenuntergang seinen gemeinsamen Ausklang fand.

Quellen